Seminarbericht zum 7. + 8. November 2019

von Andreas Persy

Das Thema Abfallwirtschaft wird in Suderburg großgeschrieben.

Im beschaulichen Suderburg, einer Gemeinde inmitten der Lüneburger Heide im Landkreis Uelzen fand vom 7. bis 8. November das sogenannte Suderburger Abfall Seminar (SAS) statt. Das SAS ist eine anerkannte Fortbildungsveranstaltung gemäß DepV, EfbV, AbfAEV und AbfBeauftrV und richtet sich als Folgelehrgang im Sinne des § 4 DepV speziell an Personen, die für die Leitung und Beaufsichtigung von Deponien verantwortlich sind, aber auch an Verantwortliche in Gemeinde- und Kreisverwaltungen, an Beschäftigte im Bereich der Entsorgungswirtschaft sowie beratende Ingenieure. Veranstaltet wird das SAS bereits in langer Tradition vom Institut für Angewandte Abfallwirtschaft und Stoffstrommanagement -Suderburg e.V.- (IFAAS), das 1981 von Prof. Dr.-Ing. Karl Reuß gegründet wurde. In einem Konferenzraum in unmittelbarere Nähe zum Campus Suderburg der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften mit der bekannten Fakultät Bau-Wasser-Boden wird das SAS in idyllischer Atmosphäre in regelmäßigen Abständen angeboten. Schwerpunkte der Novemberveranstaltung waren Deponien und Entsorgungsfachbetriebe. Aufgrund der Vielzahl der Vorträge wird nachfolgend eine Auswahl zusammenfassend dargestellt.

Seminarleiter Dr.-Ing. Gerhard Hamel eröffnete und moderierte die zweitägige Veranstaltung.

Dipl.-Ing. Gunther Weyer vom Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz begann die Vortragsreihe mit einem Überblick zu den aktuellen Entwicklungen im Bereich des Abfall- und Umweltrechts auf Europäischer Ebene sowie der Bundes- und Landesebene. Hierzu stellte Weyer die wesentlichen Eckpunkte zu den erweiterten Vermeidungs- und Recyclingvorgaben aus dem Referentenentwurf vom 05. August 2019 zum Gesetz zur Änderung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes vor, zu dem die Anhörung der Länder, Verbände und kommunalen Spitzenverbände inzwischen abgeschlossen ist. Außerdem präsentierte Weyer den Verfahrensstand der sogenannten Mantelverordnung zur Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung sowie der Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung mit dem Ziel bundeseinheitliche und rechtsverbindliche Anforderungen an die Herstellung und den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe festzulegen. Weyer rundete seinen Vortrag durch eine Übersicht auf die Handhabung verschiedener abfallrechtlicher Fragestellungen in Niedersachsen ab: u.a. hinsichtlich des aktuellen Standes der Deponiekapazität, deren Gesamtfazit weiterhin positiv ist, d.h. die vorhandenen Kapazitäten in der Deponieklasse I oder gleichwertig entsprechen mit 9,4 Jahren annähernd der angestrebten rechnerischen Restlaufzeit von 10 Jahren. Am Ende des Vortrags wurde das Vorgehen zur Entsorgung neuartiger asbesthaltiger Abfälle (Bauschutte) diskutiert.

Dipl.-Ing. Ralf Hilmer, Geschäftsführer des Landesverbands Nord der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) stellte Sachstand und Perspektiven zur Klärschlammverwertung vor. Insbesondere in Norddeutschland war die Klärschlammverwertung bislang stark landwirtschaftlich geprägt. Die Änderungen der rechtlichen Situation hat zu einer zunehmenden Verdrängung des Klärschlammes aus der bodenbezogenen Verwertung durch Gülle und Gärreste geführt. Darüber hinaus haben die neuen gesetzlichen Anforderungen bereits zu erheblichen Entsorgungsengpässen geführt; die Entsorgungssituation stellt sich so dar, dass Landwirte kaum noch Klärschlamm abnehmen, die Kosten für die Entsorgung steigen und alternativ keine ausreichenden Kapazitäten im Bereich Verbrennung vorhanden sind. Nach der Schilderung der in Teilen des Landes prekären Situation, erläuterte Hilmer einige Lösungsansätze des LV Nord der DWA sowohl für den Aufbau neuer, langfristiger Entsorgungswege als auch für Zwischenlösungen. Die Strategien hierzu umfassen den Aufbau von Lagerkapazitäten, die Schlammbehandlung (Entwässerung/anaerobe Behandlung) sowie die Möglichkeiten der Klärschlamm-Mitverbrennung in Zementwerken. Ausblickend wird die neue Düngeverordnung voraussichtlich zu weiteren Einschränkungen der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung führen und das Thema P-Recycling wird in Zukunft noch stärker fokussiert.

Dipl.-Ing. Wolfgang Bräcker, Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim, berichtete über aktuelle Themen aus der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) Ad-hoc-AG „Deponietechnik“. Die LAGA Ad-hoc-AG „Deponietechnik“ erstellt für sonstige Materialien, Komponenten und Systeme der Deponieabdichtungssysteme sogenannte Bundeseinheitliche Qualitätsstandards (BQS) und nimmt bundeseinheitliche Eignungsbeurteilungen vor. Besonderes Augenmerk legte Bräcker bei seinen Ausführungen auf Anwendungshinweise zur Erfüllung der BQS in Bezug auf mineralische Entwässerungsschichten aus natürlichen Baustoffen in Basisabdichtungssystemen. Die theoretischen Hinweise ergänzte Bräcker um sehr anschauliches Bildmaterial zu einzelnen Bauphasen; u.a. für Rohrauflager, Rohrverlegung oder Schachtbettung. Darüber hinaus informierte Bräcker über die sogenannten „AbfallwirtschaftsFakten“, eine Veröffentlichungsreihe, die das Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim (GAA) und das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) herausgeben. Mit den „AbfallwirtschaftsFakten“ können Entwicklungen innerhalb der Abfallwirtschaft an die mit der Abfallentsorgung befassten Stellen zeitnah weitergegeben werden. Die bisher in dieser Reihe erschienenen Informationsblätter können unter der folgenden Internetseite heruntergeladen werden: www.gewerbeaufsicht.niedersachsen.de.

Dipl.-Ing. Christoph Lünig, Geschäftsführer der Lüning Ingenieur Beratung GmbH referierte über die Veränderungen von Verwertungskapazitäten sowie die Auswirkungen auf Abfallströme und Deponien. Um die Veränderungen zu verdeutlichen, stellte Lüning die Ausgangssituation und die derzeitige Situation in der Abfallwirtschaft eindrucksvoll dar. Gründe für die derzeitige Situation sind u.a. der Anstieg der Abfallmengen aufgrund der Konjunktur in Deutschland, das gilt auch für den Anstieg der Kommunalmengen in 2018 und 2019 (insbesondere Sperrmüll), die Veränderung der Heizwerte in den Verbrennungsanlagen (insbesondere bei MVA und EBS Kraftwerken) sowie der Rückgang von Kunststoffexporten und Recyclingprodukten. Weitere Einflüsse auf die Abfallwirtschaft sind die Verschiebung von Stoffströmen aus den Auswirkungen der Energiewende, die gestiegenen Ansprüche an die Qualitäten der Verwertungsabfälle nach Gewerbeabfallverordnung und das erschwerte Recycling von Verbundstoffen. Vor dem Hintergrund der mannigfaltigen Einflüsse auf die Abfallwirtschaft werden Mengensteigerungen in Verbrennungsanlagen oder Steigerung der Mitverbrennung von Abfällen (kurzfristig) nicht zur Entspannung des Entsorgungsmarktes beitragen. Vielmehr werden weitere Kapazitäten im Bereich der Mitverbrennung in Kohlekraftwerken und in der Zementindustrie durch die strengen gesetzlichen Vorgaben abgebaut werden. Ein Fazit dieser Umstände ist, dass die Transporte in Richtung Osteuropa in den nächsten Jahren zunehmen werden, wodurch eine Mengenentlastung in den jeweiligen Regionen und Anlagen herbeigeführt werden kann. Als zukunftsweisenden Lösungsansatz erläuterte Lüning den kurz- und mittelfristigen Konzeptansatz für die Stoffstromdifferenzierung. Der Ansatz zielt im Wesentlichen darauf ab, dass die Stoffgemische zur Verwertung und Baumischabfälle an den Anfallstellen zukünftig stärker separiert werden müssen, damit sie auch an kleineren Standorten voraufbereitet werden können. Hierfür ist es wichtig, dass diese Gemische einer Trennung nach Nieder- und Hochkalorik unterzogen werden.

Dipl.-Ing. Hans-Joachim Reimann, erster Vorsitzender des IFAAS e.V., stellte mit seinem Vortrag die Rahmenbedingungen für die Zwischenlagerung von Klärschlamm vor. Grundsätzlich wird die landwirtschaftliche oder andere bodenbezogene Verwertung von Klärschlamm durch die Klärschlammverordnung von 2017 geregelt. Die Zwischenlagerung von Klärschlamm wird dann erforderlich, wenn die Möglichkeit der landwirtschaftlichen Verwertung aus bestimmten Gründen entfällt und auch sonst keine Alternativen bestehen. Bei Wegfall der Möglichkeit einer landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung verweist das Niedersächsische Umweltministerium zum Beispiel auf die Möglichkeiten zur Lagerung oder Behandlung auf dem Gelände der Entstehung der Abfälle. Reimann verwies darauf, dass das KrWG nicht für Stoffe gilt, die in eine Abwasserbehandlungsanlage eingebracht werden und die Nichtgeltung des Abfallrechts fortbesteht, bis die Abwasserbehandlung (einschließlich der Klärschlammbehandlung) abgeschlossen ist und der Klärschlamm zur Entsorgung abgegeben wird. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, der Klärschlamm-Zwischenlagerung auf einem anderen Gelände mit einer maximal zulässigen Lagerzeit von drei Jahren. Für die Langzeitlagerung (länger als ein Jahr) ist eine Genehmigung nach BImSchG im öffentlichen Verfahren erforderlich. Eine weitere Möglichkeit ist die Einrichtung eines Überbrückungslagers auf bestimmten Deponien (DK II), wobei die Voraussetzungen im Einzelfall zu prüfen sind.

Fazit der Veranstaltung: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des SAS konnten erneut umfangreich über abfallrechtliche und abfalltechnische Neuigkeiten sowie Verfahrensweisen informiert werden. Ergänzend wurden innerhalb der Diskussionen und Erfahrungsberichte im Anschluss an die einzelnen Vorträge hilfreiche Empfehlungen zwischen den Anwesenden ausgetauscht. Der nächste SAS findet an den Tagen 13. bis 14. Februar 2020 mit dem Schwerpunktthema Kompostierungsbetriebe statt. Detaillierte Informationen zur jeweiligen Veranstaltung finden Sie unter der folgenden Adresse: https://ifaas.info/